Insolvenzrecht

Hier finden sie Antworten auf oft gestellte Fragen (FAQ) zum Insolvenzrecht in Bezug auf den Covid19-Ausbruch

Durch die Auswirkungen von COVID-19 treten massive Einschränkungen und Verwerfungen im Wirtschaftsleben auf, die eine Vielzahl von Unternehmen und auch Privatpersonen treffen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird in allen Grundpfeilern massiv erschüttert. Betriebe werden geschlossen, eingeschränkt oder verlieren aus anderen Gründen ihre Arbeitsfähigkeit.

Damit einher gehen finanzielle und betriebswirtschaftliche Probleme. Aufgrund fehlender Einnahmen tritt Zahlungsunfähigkeit ein, Produkte verlieren ihren Wert und sind nicht mehr zu verkaufen, Produktionspläne und Planrechnungen verlieren ihre Gültigkeit, Lieferketten brechen zusammen, Lieferfristen können nicht mehr eingehalten werden, Personal fällt aus, Problemlösungen können aufgrund fehlender Ansprechpartner oder Dispositionsfähigkeit nicht erfolgen…

Trotz der beispiellosen Unterstützungsmaßnahmen und Hilfspakete kann sowohl bei Unternehmen als auch Privatpersonen eine Insolvenzsituation eintreten, die zum Handeln zwingt.

Nachstehend die Beantwortung einiger weniger Kernfragen. Gerade Restrukturierungs- und Insolvenzthemen bedürfen einer sehr individuellen Betrachtung und Prüfung.

Bei Bedarf stehen wir mit unserer Kompetenz und langjährigen Erfahrung gerne zur Verfügung.

  1. Führt COVID-19 dazu, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer Insolvenzsituation andere Bedingungen/Regelungen gelten?

Auch bei einer Pandemie gelten die gleichen Bedingungen wie im wirtschaftlichen Alltag. Es wurden bisher die gesetzlichen Bestimmungen in den grundlegenden Bereichen nicht verändert und stehen weiter unverändert in Geltung.


  1. Kann ich durch die Möglichkeiten der Zahlungsstundungen für Steuern und Abgaben und durch gestützte Kreditaufnahmen das Erfordernis einer Insolvenz vermeiden?

Die Inanspruchnahme der Stützungsmaßnahmen kann sicherlich kurzfristig eine Zahlungsunfähigkeit vermeiden. Es ist jedoch zu prüfen, ob trotz der Stützungsmaßnahmen Insolvenztatbestände (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) eintreten und nicht beseitigt werden können.

Denkbar ist beispielsweise, dass der Wertverlust eines Warenlagers so hoch ist, dass dieser auch nach Wegfall der Pandemie nicht mehr aufgeholt und finanziert werden kann.


  1. Entfällt die Verpflichtung zur Insolvenzantragstellung aufgrund der Pandemie bzw. ist diese erleichtert?

Mit dem am 23.3.2020 in Kraft tretenden Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 wurde der § 69 Abs. 2b IO angepasst.

Die §§ 69 Abs. 2 und Abs. 2b IO lauten nun wie folgt:

(2) Liegen die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 66 und 67) vor, so ist diese ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Schuldhaft verzögert ist der Antrag nicht, wenn die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung sorgfältig betrieben worden ist.

(2a) Bei einer durch eine Naturkatastrophe (Hochwasser, Lawine, Schneedruck, Erdrutsch, Bergsturz, Orkan, Erdbeben, Epidemie, Pandemie oder ähnliche Katastrophe vergleichbarer Tragweite) eingetretenen Zahlungsunfähigkeit verlängert sich die Frist des Abs. 2 auf 120 Tage.

Es wurde somit lediglich klargestellt, dass aufgrund der Pandemie die verlängerte Frist zur Antragstellung mit 120 Tagen gilt. Unverändert bleibt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern zu beantragen ist. Eine verspätete Insolvenzantragstellung kann Haftungen auslösen und es ist daher weiterhin anzuraten, rasch und umsichtig zu agieren.


  1. Kann das Ausnützen der Frist zur Insolvenzantragstellung sonstige nachteilige Folgen haben?

Ziel eines Insolvenzverfahrens kann auch die Sanierung des Unternehmens oder der Privatperson unter dem Schutz eines Insolvenzverfahrens sein. An die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens knüpfen sich eine Vielzahl von Rechtsfolgen, die auch Begünstigungen für den Schuldner darstellen. Zu erwähnen sind insbesondere ein Zinsenstopp, die Möglichkeit zur Beendigung von Verträgen, begünstigte Umstrukturierungsmaßnahmen etc…

Je später derartige Sanierungsschritte gesetzt werden, desto schwieriger kann sich eine Restrukturierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gestalten. Erfahrungsgemäß erzielen frühzeitig gesetzte Restrukturierungsmaßnahmen den größten Erfolg.


  1. Kann man auch im laufenden Insolvenzverfahren die Corona-Kurzarbeit in Anspruch nehmen bzw. weiterführen?

In der BUNDESRICHTLINIE KURZARBEITSBEIHILFE (KUA-COVID-19) des Arbeitsmarktservice Österreich vom 19.03.2020 ist folgende Regelung enthalten:

Wird ein Unternehmen mit einer laufenden Kurzarbeit insolvent (Eröffnung des Konkurs oder Sanierungsverfahrens), ist die Kurzarbeitsbeihilfe vorzeitig zu beenden, da das arbeitsmarktpolitische Ziel der Sicherung des Beschäftigtenstandes – auch im Falle der Unternehmensfortführung – nicht im vollen Umfang realisierbar sein wird.

In der Richtlinie findet sich keine Regelung, dass in einem bereits laufenden Insolvenzverfahren die Inanspruchnahme der Kurzarbeit ausgeschlossen wäre. Aus unserer Sicht müsste daher die Inanspruchnahme der Kurzarbeit in einem laufenden Konkursverfahren möglich sein.

Die in der Richtlinie festgehaltene Beendigung der Kurzarbeitsbeihilfe bei Insolvenzeröffnung sehen wir kritisch. Tatsächlich hat eine Unternehmensfortführung im Insolvenzverfahren meist das Ziel, in Schieflage geratene Unternehmen zu retten.


  1. Kann man unter den derzeitigen Rahmenbedingungen überhaupt mit einer geregelten Insolvenzabwicklung rechnen?

Unzweifelhaft ist, dass durch COVID-19 die ansonsten gut funktionierenden Systeme beeinträchtigt sind. Die Rechtspflege, die Sozialpartner, Insolvenzverwalter und Berater sind jedoch weiter aktiv und stellen sich den jeweiligen Herausforderungen. Es besteht das Bewusstsein, dass auch in diesem schwierigen Umfeld, die jeweiligen Aufgaben bestmöglich erfüllt werden müssen. Erleichterungen in Abwicklungen wurden bereits gesetzlich ermöglicht. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass die Gerichte Einvernahmen nicht mehr persönlich durchführen müssen.

Aus unserer Einschätzung kann davon ausgegangen werden, dass auch derzeit geordnete Verfahren abgewickelt werden können. Besonders wichtig sind allerdings die qualifizierte Vorbereitung und Begleitung.


Bei weiteren Fragen zögern Sie nicht uns zu kontaktieren. Wir halten die aktuellen rechtlichen Entwicklungen im Blick und sind bemüht Sie bestmöglich zu unterstützen.

Verfasst von und ihr Ansprechpartner:

Mag. Martin Edelmann

Mag. Martin Edelmann

Gründer der Kanzlei, Rechtsanwalt

Bei weiteren Fragen schreiben Sie direkt an: m.edelmann@lexlet.at

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zuletzt aktualisiert: 23.3.2020, 12:45